Eine Welt im Blick e.V.
MIT VOLLER WUCHT

MIT VOLLER WUCHT

MIT VOLLER WUCHT – DIE KLIMAKRISE IN OSTAFRIKA UND WIR.

Martina Dase.

In der Debatte um Klimagerechtigkeit hilft ein schonungsloser Blick auf die Realität. In Ostafrika ist die Klimakrise unübersehbar – und die Ungerechtigkeit der ungleichen Verteilung der Folgen der globalen Erwärmung mit Händen zu greifen, denn keine Region ist den Folgen des menschengemachten Klimawandels so ausgeliefert wie das Horn von Afrika, obwohl der ganze Kontinent nur vier Prozent zu den weltweiten Emissionen beiträgt.

Somalia, Südsudan, Äthiopien, Kenia – das sind vier der acht Länder am sogenannten Horn von Afrika. Ernährungsunsicherheit und gewaltsame Konflikte prägen die Region seit langem. Hinzu kommt nun, dass dort die Klimakrise am heftigsten zuschlägt, obwohl ganz Afrika nur einen Bruchteil zu den weltweiten CO2-Emissionen beiträgt. Es ist absehbar, dass weite Landstriche unbewohnbar werden. Wohin sollen die Menschen dann gehen?

Die Filmemacherin und TV-Journalistin Martina Dase war von Februar 2022 bis Mai 2023 für die internationale Hilfsorganisation Save the Children in Kenias Hauptstadt Nairobi stationiert und hat von dort aus Auslandskorrespondenten aus aller Welt an die Brennpunkte der Dürrekatastrophe geführt. Sie hat dort mit eigenen Augen gesehen, was auf uns zukommt, wenn wir nicht handeln. Denn am Horn von Afrika können wir die Folgen unserer westlichen Industriepolitik und unseres Konsumverhaltens wie in einem Freilichtmuseum besichtigen.

Wie wenig Klimagerechtigkeit es für Ostafrika gibt, wie man sich in der Region bereits selbst hilft, um Afrika zum “grünen Kontinent” zu machen, und was wir vom Horn von Afrika lernen können, darüber berichtet die gebürtige Meldorferin in ihrem Vortrag.

Wir können uns entmutigen lassen oder konsequent nach Lösungen suchen, um das Schlimmste zu verhindern.”

Martina Dase

Hintergründe zu den Länderbeispielen

SOMALIA

Das trockene Land mit der längsten Küstenlinie der Welt gilt seit dem Bürgerkrieg 1991 als gescheiterter Staat und befindet sich trotz einiger Fortschritte immer noch im Würgegriff der Terrororganisation Al Shabaab. Nach verheerenden Dürren in den Jahren 2011 und 2017 fielen in den Jahren 2022 und 2023 gleich fünf Regenzeiten in Folge aus, die Menschen kämpften mit der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren.
Zunächst verdursteten Ziegen, Rinder und Kamele zu Hunderttausen-den, dann starben ungezählte Kinder und alte Menschen an den Folgen von Unterernährung. Hunderttausende Somalier flohen inner-halb des Landes oder über die Grenze nach Kenia. Auf die historische Dürre folgten nie dagewesene Überschwemmungen.
Wie bei uns nehmen auch in Somalia die Wetterextreme zu, allerdings mit massiven Folgen. Die traditionelle Lebensweise der Hirten, die seit Jahrhunderten mit ihren Herden auf der Suche nach Wasserstellen durch das Land ziehen, hat keine Zukunft mehr. Regierung und Hilfs-organisationen arbeiten an der fast unmöglichen Aufgabe, die stolzen Nomaden sesshaft zu machen.

SÜDSUDAN

Das trockene Land mit der längsten Küstenlinie der Welt gilt seit dem Bürgerkrieg 1991 als gescheiterter Staat und befindet sich trotz einiger Fortschritte immer noch im Würgegriff der Terrororganisation Al Shabaab. Nach verheerenden Dürren in den Jahren 2011 und 2017 fielen in den Jahren 2022 und 2023 gleich fünf Regenzeiten in Folge aus, die Menschen kämpften mit der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren. Zunächst verdursteten Ziegen, Rinder und Kamele zu Hunderttausenden, dann starben ungezählte Kinder und alte Menschen an den Folgen von Unterernährung. Hunderttausende Somalier flohen innerhalb des Landes oder über die Grenze nach Kenia. Auf die historische Dürre folgten nie dagewesene Über-schwemmungen. Wie bei uns nehmen auch in Somalia die Wetterextreme zu, allerdings mit massiven Folgen. Die traditionelle Lebensweise der Hirten, die seit Jahrhunderten mit ihren Herden auf der Suche nach Wasserstellen durch das Land ziehen, hat keine Zukunft mehr. Regierung und Hilfsorganisationen arbeiten an der fast unmöglichen Aufgabe, die stolzen Nomaden sesshaft zu machen.

ÄTHIOPIEN

ÄTHIOPIEN

Äthiopien ist mit über 120 Millionen Einwohnern nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land des afrikanischen Kontinents. Der Binnenstaat am afrikanischen Grabenbruch, in dem Karlheinz Böhm schon den Hunger bekämpfte und der zuletzt von seinem Präsidenten, dem Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed, in den Tigray-Krieg hineingezogen wurde, war wie Somalia und Kenia von der historischen Dürre 2022/2023 betroffen. Das rasante Bevölkerungswachstum hat zur Abholzung großer Teile des malerischen Landes geführt und damit zu einer zunehmenden Trockenheit, die durch den Klimawandel noch verschärft wird. Doch anders als seine Nachbarn tut sich Äthiopien schwer, internationale Hilfe anzunehmen. Um die Bevölkerung trotz der klimabedingten Dürre mit Wasser versorgen zu können, baute Äthiopien mit der Grand Ethiopian Renaissance Talsperre den größten Staudamm Afrikas am Nil, mit der Folge, dass den Nil-Anrainerstaaten Südsudan, Sudan und Ägypten das Wasser ausgeht. Diplomatische Verwerfungen folgten unvermeidlich, weitere Konflikte sind vorprogrammiert

KENIA

Im Nordwesten Kenias, in Turkana, fand der Anthropologe Richard Leakey 1984 den Turkana Boy, das Skelett eines Jungen, der vor 1,6 Millionen Jahren aufrecht durch den afrikanischen Grabenbruch zog. 40 Jahre später sieht es in Turkana aus wie auf dem Mond. In dieser unwirtlichen Wüstenregion kämpfen ausgemergelte Viehhirten ums Überleben. Und wir, die wir aus diesem afrikanischen Grabenbruch stammen, können hier, wo die Menschheitsgeschichte ihren Anfang nahm, heute schon sehen, wie unser Planet morgen aussehen könnte – wenn wir nicht zu radikalen Veränderungen bereit sind.

Text: Martina Dase
Fotos: Jost Bastmeijer (oben, links), Michael Tsegaye (oben,
Mitte u. rechts), Dovile Sermokas (M. Dase)

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